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Giganten oder Nischenplayer?
Aktien bleiben auch 2024 interessant. Bei Anleihen gilt es, sich langfristig höhere Zinsen zu sichern. Vier Deka-Fondsmanager verraten, mit welchen Anlagestrategien sie bei diesen beiden Assets ins Börsenjahr gehen.
Die Geschichte von Hase und Igel ist eines der bekanntesten Märchen der Gebrüder Grimm. An der deutschen Börse stand der Wettlauf der beiden ungleichen Konkurrenten dabei jahrelang sinnbildlich für das Rennen zwischen Dax und MDax. Da konnte sich der deutsche Leitindex noch so anstrengen und von Rekord zu Rekord eilen – der kleine Bruder war ihm immer einen Schritt voraus. Doch mitten in der Pandemie riss die Siegesserie des Nebenwerteindex, der die Entwicklung der 50 größten Unternehmen unterhalb der Dax-Konzerne abbildet. Von seinem Allzeithoch bei knapp 36.000 Punkten im Sommer 2021 ist er derzeit meilenweit entfernt. Der Dax hingegen ist trotz des bislang verkorksten Jahresstarts weiter auf Tuchfühlung zu seinem Allzeithochvon rund 17.000 Punkten. Wie konnte es dazu kommen?
„Nebenwerte haben europaweit zwei extrem schwache Jahre hinter sich“, beobachtet Philipp Spormann, Aktienstratege bei der Deka, und nennt die Gründe: „Zunächst die ausgeprägte Konjunkturschwäche im produzierenden Gewerbe als Folge der Lieferengpässe während der Pandemie.“ Denn kleinere Unternehmen sind in der Regel überproportional in die Wertschöpfungsketten der Industrie eingebunden. „Das hat sich in dieser Phase entsprechend in schlechten Unternehmensergebnissen niedergeschlagen“, so Spormann. „Hinzu kam, dass der rasche Zinsanstieg zu Liquiditätsabflüssen aus den Aktienmärkten führte. Small und Mid Caps, also Werte mit kleiner bis mittlerer Marktkapitalisierung, sind davon traditionell stärker betroffen als Titel aus der ersten Reihe“, erklärt der Anlageprofi.
Beides zusammen schürte bei Anlegerinnen und Anlegern die Befürchtung, dass in den Bilanzen vieler Nebenwerte böse Überraschungen lauern könnten. „Schnell kamen daher Ängste auf, dass es Schieflagen und Liquiditätsengpässe geben könnte und einzelne Unternehmen frisches Kapital benötigen“, sagt Spormann. „Das ‚Sahnehäubchen‘ war dann die Energiekrise im Zuge des Ukraine-Krieges. Hohe Strom- und Gaspreise und zeitweise drohende Gasrationierungen können große, global aufgestellte Konzerne ausgleichen, ihre Produktion teilweise verlagern und die hohen Energiekosten in Europa kompensieren. Kleinere Unternehmen, deren Standorte oft stärker auf den EU-Binnenmarkt konzentriert sind, haben diese Möglichkeit nicht.“
Doch nun wendet sich das Blatt und Spormann kann sich im laufenden Jahr gut ein Comeback der Nebenwerte vorstellen. „Die globale Konjunktur im verarbeitenden Gewerbe hat sich in den vergangenen Monaten überraschend erholt, und auch andere Belastungen fallen zunehmend weg“, macht der Deka-Experte Hoffnung. So sieht er gute Möglichkeiten, dass die makroökonomischen Verwerfungen, die die Nebenwerte in den vergangenen Jahren nach unten gezogen haben, in den kommenden Monaten weiter abnehmen: „Die wieder niedrigeren Energiepreise werden sich 2024 positiv in den Unternehmensergebnissen niederschlagen, auch weil sich die Bilanzen in vielen Fällen als deutlich widerstandsfähiger erwiesen haben als zunächst befürchtet.“ Einige Risiken, wie etwa Lieferengpässe durch geopolitische Konflikte wie derzeit im Roten Meer, aber auch die ungewissen Aussichten bei den US-Wahlen bleiben indes auf der Tagesordnung. Die gilt es für Spormann, im Auge zu behalten.
Günstige Bewertungen, solide Finanzen und eine konjunkturelle Erholung – auch Nebenwerte-Experte Matthias Bussemer findet zunehmend ein Umfeld vor, das genau zu seiner Strategie passt. „Wir konzentrieren uns auf Wachstumsunternehmen, die mit ihrer Innovationskraft und einem fokussierten Geschäftsmodell in ihrer Nische sehr erfolgreich sind. Zugleich müssen sie aber auch das Potenzial haben, sich zu einem großen Börsenkonzern entwickeln zu können – so wie es zum Beispiel SAP geschafft hat.“ Dafür sucht Bussemer in Europa nicht nur in klassischen Wachstumsbranchen wie IT, Technologie, Pharma und Gesundheit oder Internet nach aussichtsreichen Aktien. Auch traditionelle Branchen wie etwa Maschinenbau und Chemie behält er im Blick: „Durch die spezifische Branchensituation entsteht auch dort immer wieder ein Wachstumsmomentum.“ Disruption oder stark steigende Beschaffungspreise etwa für Energie bieten aus seiner Sicht gute Perspektiven für einzelne Zulieferer oder Dienstleister.
Ein Beispiel dafür ist das Schweizer Unternehmen Sika. Mit einer Marktkapitalisierung von mittlerweile fast 41 Milliarden Euro hat der Baustoffspezialist und Hersteller von Zementzusätzen den Sprung vom Nebenwert in den Schweizer Leitindex SMI geschafft. Und diese Börsenkarriere ist auf kontinuierlich gute Geschäftsergebnisse zurückzuführen. „Das Unternehmen hat schon früh den Service in sein Geschäftsmodell integriert und beispielsweise damit begonnen, Mitarbeiter auf Baustellen zu schicken, um vor Ort über den Einsatz der richtigen Produkte zu beraten“, erzählt Bussemer. „Auf diese Weise hat Sika kontinuierlich Marktanteile in einer Branche gewonnen, die an sich vergleichsweise wenig Wachstumspotenzial bietet.“
Klein, aber fein – das ist eine erfolgversprechende Strategie für das Börsenjahr 2024. Die andere: auf Größe und Stärke setzen. Deka-Fondsmanager Mario Adorf zum Beispiel versammelt im Deka-GlobalChampions genau nach diesem Konzept die größten Konzerne der Welt. Dabei setzt er vor allem auf die US-Tech-Giganten Alphabet, Apple, Meta, Nvidia und Microsoft (im Titelbild: Jessica Hawk: Microsofts Chefin für Data, AI und Digital Applicationsbei einer Digitalmesse; Titelfoto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | John Locher). Nach einer Verschnaufpause überzeugten diese Aktien im vergangenen Jahr mit überdurchschnittlichen Kursgewinnen. Auch Amazon, Mastercard und der Energieproduzent Chevron sind im Portfolio vertreten. „Die US-lastigen Top-Positionen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der GlobalChampions als weltweit anlegender Aktienfonds versteht“, betont Adorf. Er orientiert sich dabei nicht an einem bestimmten Weltindex, sondern investiert regelmäßig rund ein Fünftel des Portfolios auch in Aktien aus Schwellenländern, etwa aus China und Indien, oder in westliche Konzerne mit einem signifikanten Umsatzanteil in diesen Regionen. Aber auch große Unternehmen aus entwickelten Ländern außerhalb der USA wie der Spezialmaschinenbauer ASML, der Nahrungsmittelhersteller Nestlé oder der Autohersteller Toyota finden sich im Deka-GlobalChampions.
Insgesamt hat der Fonds etwas mehr als 100 Titel im Portfolio. Was alle Unternehmen eint: Sie gelten als „Titanen“, machen weltweit Geschäfte und gehören zu den dominierenden Marktführern in ihrer Branche. Dennoch greifen Adorf und sein Team nicht wahllos bei jeder bekannten Marke rund um den Globus zu. „Entscheidend ist neben der Größe auch eine günstige Bewertung. Gerade hier sehen wir in vielen zyklischen Sektoren Aufwärtspotenzial in Richtung einer Normalisierung auf historische Durchschnittswerte“, sagt er. Generell halte er einzelne Aktien eher langfristig auf Sicht von fünf bis zehn Jahren: „Mit diesem Ansatz sind wir im vergangenen Börsenzyklus gut gefahren, wie die guten Bewertungen des Fonds durch unabhängige Ratingagenturen zeigen.“
Auch wenn Aktien im laufenden Jahr weiterhin gute Chancen versprechen, sollten Anlegerinnen und Anleger nicht auf Anleihen verzichten. Sie können Stabilität ins Depot bringen – gerade in Phasen, in denen die Börsen von Unsicherheit geprägt sind. „Sie sind aber auch deshalb ein überlegenswertes Investment, weil die Zinsen im Jahresverlauf eher sinken dürften. Das beflügelt die Kurse länger laufender Anleihen“, sagt Martin Heger, verantwortlich für den RenditDeka und den DekaTresor. „Mit einem Rentenfonds partizipieren Anlegerinnen und Anleger an diesem Aufwärtstrend. Und nicht zuletzt werden die anfallenden Zinsen automatisch zu marktgerechten Konditionen wieder angelegt, statt auf niedrig verzinsten Tagesgeldkonten zu parken.“
Der Schwerpunkt des DekaTresor liegt auf kurzen bis mittleren Laufzeiten, die in zwei bis drei Jahren fällig werden. Der Fonds ist also eher eine Alternative zum Festgeld. „Im Portfolio des RenditDeka liegt die durchschnittliche Restlaufzeit dagegen bei sechs bis sieben Jahren“, erklärt Heger. „Damit richtet er sich an längerfristig planende Anlegerinnen und Anleger und passt grundsätzlich besser zum aktuell erwarteten Szenario. Denn man sichert sich die jetzt höheren Renditen. Je länger die Restlaufzeit einer Anleihe, desto größer ist zudem der positive Effekt von Marktzinsveränderungen auf den Kurs.“
Breiter Anlagekosmos bietet viele Vorteile
Gemeinsam ist beiden Fonds, dass sie marktbreit in solide Staats- und Unternehmensanleihen aus dem Euroraum investieren. Hinzu kommen supranationale Schuldner wie die Europäische Investitionsbank oder Covered Bonds, also Anleihen, die durch Sicherheiten wie Grundschulden oder Hypotheken gedeckt sind. In diesem breiten Anlageuniversum kann sich Heger frei bewegen und so sein Portfolio breit über viele Emittenten streuen. Gleichzeitig findet er für beide Fonds auch öfters besondere Gelegenheiten: „Es kommt zum Beispiel immer wieder vor, dass halbstaatliche Schuldner wie die Bahn oder Pfandbriefe einen Renditeaufschlag gegenüber Bundesanleihen haben. Dabei sind sie in puncto Sicherheit kaum schlechter.“
Als weitere Strategie setzt Heger auf eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve. Derzeit ist sie in fast allen Anleihesegmenten invers. Das bedeutet, dass Papiere mit kurzen Laufzeiten höhere Renditen abwerfen als solche mit langen Laufzeiten. „Deshalb sollte man sich nicht davon täuschen lassen, dass der DekaTresor derzeit eine höhere Rendite als der RenditDeka erzielt“, betont der Fondsmanager. „Aber es ist unwahrscheinlich, dass das auf Dauer so bleibt. Wenn die Inflation zurückgeht und die Notenbanken ihre derzeit straffe Geldpolitik wieder etwas lockern, wird es zu einem Anpassungsprozess an den Kapitalmärkten und wieder steileren Zinskurven kommen, das heißt, vor allem am kürzeren Ende dürften die Renditen dann wieder niedriger sein.“
Heger und sein Team suchen daher gezielt nach Anleihen, deren Kurse aufgrund von Restlaufzeit und Schuldnerqualität am stärksten von diesem Umschwung profitieren könnten. Ein mögliches Szenario, das Heger dabei im Blick hat: Die Konjunktur in der Eurozone erholt sich moderat – vielleicht schon in diesem Jahr. „Dann stehen die Chancen gut, dass europäische Unternehmensanleihen aus der Region ihre Risikoaufschläge gegenüber Staatsanleihen abbauen und die Kurse entsprechend steigen“, so der Rentenfondsmanager.
Auf ausgesuchte kleinere oder sehr große Aktien setzen und wieder mehr Anleihen ins Depot nehmen – die Strategien der Deka-Fondsmanager zeigen, dass auch das neue Börsenjahr einige gute Anlagechancen zu bieten hat.
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