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Die Wiedergeburt des amerikanischen Traums
Die führende Volkswirtschaft der Welt erfindet sich einmal mehr neu: Das größte Konjunkturpaket der Weltgeschichte nimmt Fahrt auf, und die Amerikaner können sich über stark sinkende Inflationsraten und eine robuste Konjunktur freuen. Wie Fachleute die Aussichten sehen.
In der kahlen, riesigen Halle hier in Philadelphia ist es ziemlich düster. Von irgendwoher wehen kühle, feuchte Böen durch die Schiffswerft – nicht gerade eine Umgebung, die Menschen normalerweise in Scharen anlockt – Joe Biden aber lächelt gut gelaunt ins Publikum und in Dutzende von Kameras, hinter sich den Rohbau einer neuen Fabrikhalle. Es geht aufwärts, auch hier im „rust belt“, dem chronisch infarktgefährdeten Herzen des einstigen industriellen Kernlandes Pennsylvania. Das ist die Botschaft des Präsidenten.
Und er liefert auch ein praktisches Beispiel: An diesem Spätsommertag beginnen Hunderte Werftarbeiter mit dem Bau eines Schiffes, wie es in den USA noch nie gebaut wurde. Die „Acadia“ soll das Fundament von Hochsee-Windparks mit tonnenschweren Felsen befestigen. Neue Jobs für die Energiewende – made in USA – mit kräftigen Subventionen aus Washington. Das sei nur eines der Zeichen für die große amerikanische Wiedergeburt der Wirtschaft, verbreitet der US-Präsident seine frohe Kunde.
US-Inflationsrate wieder auf dem Rückzug
Grafik: KD1; Titelfoto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Adam Schultz/White House
Investitionen von mehr als 500 Milliarden Euro haben Firmen aus aller Welt angekündigt – für Chipfabriken, Chemie-Komplexe oder Autoproduktionen. Zudem sollen Hunderte neuer Straßen und Brücken und Tausende Kilometer Leitungen für schnelles Internet die Menschen und ihre Geschäfte besser vernetzen. Alles angeschoben durch „die größte Wirtschaftsförderung der Weltgeschichte“, so Biden. „Mehr als 13 Millionen neue Arbeitsplätze im ganzen Land“, zählt er weitere Fakten auf. Hinter dem Präsidenten flattern die US-Flagge und ein Banner mit dem Maßnahmen-Motto: Bidenomics. „Ich weiß auch nicht genau, was das ist“, schmunzelt der Namensgeber über die Wirtschaftspolitik mit seinem Namensstempel – und fügt hinzu: „Aber: Hey, Leute! Es wirkt!“
Tatsächlich: Die US-Wirtschaft ist im ersten Halbjahr um deutlich mehr als 2 Prozent gewachsen, die Arbeitslosigkeit mit 3,6 Prozent quasi nicht vorhanden – und die Inflation im Jahresvergleich von 9 auf rund 3 Prozent gesunken. Eine Leistungsbilanz, von der Europas Staatschefs nur träumen können. Das alles nach einem rasanten Anstieg der Leitzinsen, trotz Ukraine-Krieg und Lieferkrisen. Die Experten der Deka sehen so denn auch „die US-Wirtschaft gegenüber der geldpolitischen Straffung widerstandsfähiger als erwartet“. Selbst eine milde Rezession zum Jahreswechsel haben sie aus der Prognose gestrichen.
Mehr als 13 Millionen neue Jobs
Bidenomics scheint ein Erfolg zu sein – nur für Joe Biden nicht so richtig. Die Zustimmungsraten zum Kurs des Präsidenten dümpeln kaum verändert um niedrige 40 Prozent. Die Wählerinnen und Wähler sehen die Wirtschaftslage eher mau und es gibt einiges zu verdauen für „Joe Sixpack“ – das amerikanische Pendant zu Otto Normalverbraucher. Denn für den Durchschnittsamerikaner sind Sprit, Bier oder Kinderhort eben immer noch zehn oder mehr Prozent teurer als zum Amtsantritt des Demokraten Anfang 2021. Der Aufschwung ist oft nicht in den Brieftaschen zu spüren.
Zeit wird’s. Denn der Präsidentschaftswahlkampf hat längst begonnen. Auch darum tourt Joe Biden in einem Marathon durch alle 50 Bundesstaaten; vor allem durch solche, die wie Pennsylvania politisch umkämpft sind. Und es gibt viel zu erklären. Denn Bidens Wirtschaftskurs bricht mit einem langjährigen Mantra, so Max Krahé. Der Forschungsdirektor des Berliner Thinktanks „Dezernat Zukunft“ sagt: „Gemäß des alten Paradigmas war es der Markt, der die besten Ergebnisse erzielt. Der Staat sollte sich am besten heraushalten.“ Das lasse Biden nicht mehr gelten und versuche etwa gezielt, Industrieproduktionen in die USA zurückzuholen – vor allem durch drei gigantische Konjunkturpakete: den Infrastructure Investment and Jobs Act, den Inflation Reduction Act IRA und den Chips Act.
Zwar haben die Milliarden aus dem Füllhorn zumindest anfänglich auch dazu beigetragen, die Inflation anzuheizen, so die Deka-Volkswirte. Aber hier hat die US-Notenbank mit raschen und energischen Zinserhöhungen offenbar das Kunststück vollbracht, die Teuerung einzudämmen, ohne Arbeitsplätze oder Wirtschaftswachstum zu opfern. „Der geldpolitische Restriktionskurs könnte mit einer sanften Landung statt einer schmerzhaften Rezession der US-Volkswirtschaft gelingen“, analysiert Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Ein Soft Landing also, das Vorbild auch für Europa ist. Die Börsen haben seit dem Frühjahr zudem mit deutlichen Kurssteigerungen reagiert. Wichtig gerade in einem Land, in dem Millionen Bürgerinnen und Bürger bei ihrer kompletten Altersvorsorge auf Pensionsfonds bauen; diese Rente über börsennotierte und breit streuende Papiere ist in Nordamerika fast schon die Regel.
Wirtschaftslokomotive USA hilft Europa
Neben den Anlegerinnen und Anlegern, die in Aktien amerikanischer Unternehmen investiert haben, können sich aber auch Europas Firmen über den Schwung der Wirtschaftslokomotive USA freuen. Zwar wird der Investitions-Lockruf aus Amerika von der Politik in Europa, Japan oder China durchaus kritisch gesehen – und in Deutschland etwa steuert die Regierung mit Multimilliarden-Subventionen für neue Chipfabriken von Intel und TSMC massiv gegen. Aber alle Firmen profitieren auch vom Subventions-Wettlauf und der gestiegenen Nachfrage aus den USA. Verglichen mit den konfliktträchtigen Jahren der Ära Trump setzt die Biden-Regierung wieder auf eine rege Reisediplomatie zwischen Peking und Washington. Doch bei der Hochtechnologie gehen die Amerikaner keine Kompromisse ein und haben China von Superchip-Exporten made in USA quasi ausgeschlossen.
Es gehe ihm eben vor allem um die „hard working people“ aus dem Mittelstand, betont Biden an diesem Nachmittag – und die würden weniger Billigwaren aus China als Jobs in Pennsylvania, New Jersey oder Minnesota benötigen. Eine Rhetorik, die auch vom Kampf um die Stimmen aus der sozial schwächeren Wählerschaft kündet. Den „blue collar workers“ hat die neue US-Politik so auch einiges zu bieten. Seit 2021 wurden 800.000 neue Stellen in Fabriken geschaffen – meist Arbeitsplätze, die keinen Highschool-Abschluss verlangen. Und der fehlt 70 Prozent aller Amerikanerinnen und Amerikaner.
Viele Maßnahmen werden allerdings erst in der nächsten Amtszeit des Präsidenten ihre volle Kraft entfalten, so Wissenschaftler Krahé. Und um beurteilen zu können, ob die Gesetze nachhaltig wirken, müsse man mindestens einen Investitionszyklus der Unternehmen abwarten. Erst nach vier Jahren wisse man, ob die Bidenomics die Vereinigten Staaten so nachhaltig verändern werden wie vor 90 Jahren der New Deal des legendären Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Doch schon Anfang 2025 könnte die Ära Biden wieder ein Ende finden, wenn die Menschen ihn zuvor Ende kommenden Jahres abwählen.
Aber selbst wenn Trump es tatsächlich noch einmal ins Präsidentenamt schaffen würde, hält es Experte Krahé für unwahrscheinlich, dass die Republikaner alle großen Programme Bidens zurückdrehen könnten. Denn die Programme seien „keine klassische Klientelpolitik seitens der Demokraten“, also beispielsweise nicht auf afroamerikanische Minderheiten und deren typische Wohn- und Arbeitsregionen in und um Metropolen konzentriert. Hohe Subventionen für Investitionen würden derzeit vielmehr gerade in jene strukturschwachen Regionen fließen, die überwiegend republikanisch wählen. Das bestätigen neue Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), die das U.S. Bureau of Economic Analysis veröffentlicht hat. Das BIP stieg demnach „im ersten Quartal 2023 in allen 50 Bundesstaaten und dem District of Columbia, wobei die prozentuale Veränderung des realen BIP von 12,4 Prozent in North Dakota am höchsten war“. In der dortigen Hauptstadt Bismarck haben die Republikaner alle wichtigen politischen Ämter inne.
Auch an anderen langjährigen Fronten sind die früher für Freihandel und Globalisierung schwärmenden Republikaner inzwischen mit Biden auf einer Linie: Neben harter China-Politik und „Made in USA“ sind die Konservativen vor allem seit der Präsidentschaft Trumps beispielsweise auch für stärkere Regulierungen der großen Tech-Konzerne zu haben. Vorerst schadet die kritischere Betrachtung deren Kursen aber nicht – im Gegenteil: Durch die Einschränkungen für chinesische Tech-Riesen wie TikTok oder Huawei haben US-Konzerne ein noch besseres Umfeld im Lande. Zudem sind sie auch bei den neuen technologischen Entwicklungen wie KI oder Cloud-Computing weltweit führend. Die Kurse von Alphabet, Amazon, Meta oder Microsoft haben darum seit Jahresanfang deutlich zugelegt. Das Wachstum war sogar so überproportional, dass die Technologie-Börse Nasdaq ihre Regeln für die Tech-Riesen geändert hat, um sie im Index niedriger zu gewichten.
In anderen Bereichen ziehen die USA unter Joe Biden Unternehmen aus aller Welt an – nicht zuletzt deutsche Konzerne: Nach einer Umfrage der deutschen Industrie- und Handelskammer plant bereits jedes zehnte Unternehmen dort neue Produktionen. BMW etwa erweitert sein Werk Spartanburg in South Carolina für 1,7 Milliarden Euro. Siemens Energy will Großanlagen für die US-Wasserstoffwirtschaft aufbauen. Europas größter Kupferkonzern Aurubis baut derzeit in Georgia ein neues Recyclingwerk. Und der Chemiekonzern Evonik plant eine Produktionsanlage für Pharma-Grundstoffe; zwei Drittel der mehr als 200 Millionen Euro Kosten übernimmt Uncle Sam.
Der US-Dollar sollte stark bleiben
Die mittelfristig wieder steigende Kaufkraft erhöht dabei die Nachfrage der Amerikaner nach Produkten aus Europa oder Reisen in die Alte Welt, zumal der Dollar nach Deka-Prognosen auch 2024 gegenüber dem Euro stark bleibt. Die Zahl der US-Touristen in Europa ist beispielsweise in diesem Jahr bereits um 55 Prozent höher als 2022 und liegt sogar über den Rekorden der Vor-Corona-Zeit. Ein gutes Umfeld also für Produkte und Dienstleistungen made in Europe – trotz aller patriotischen Schwüre von der anderen Seite des Atlantiks. Der Aufschwung in den USA Artikel auf Seite 7 bringt so auch der Wirtschaft in Europa Rückenwind. Und sogar den hiesigen Anlegerinnen und Anlegern, denn nach aktueller Deka-Prognose 2024 haben auch Dax und EuroStoxx Kurspotenzial.
Joe Biden fällt am Ende seiner Rede in Philadelphia doch noch ein, wie er seine Wirtschaftsagenda definieren würde: „Bidenomics – das ist nur eine andere Bezeichnung für die Wiedergeburt des amerikanischen Traums.“ Und dann wird der Präsident ganz persönlich: „Mein Vater sagte mir immer: ,Joey, bei einem Job geht es um viel mehr als einen Gehaltsscheck. Es geht um deine Würde. Es geht darum, dass du deinem Kind in die Augen schauen und sagen kannst: Mein Schatz, es wird alles gut.‘“
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