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17.03.2025

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5 Min.

„Europa ab jetzt in freier Wildbahn“

Text:

Die Welt ist auf dem Weg in die Epochenwende – mit neuen multipolaren Ordnungen bei Wirtschaft, Politik und Sicherheit. Erwartet uns eine Zeit wachsender Störungen der globalen Zusammenarbeit? Oder liegen auch Chancen in der Rückbesinnung und Stärkung politischer und wirtschaftlicher Kräfte in den großen Weltregionen? Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater gibt Orientierung.

America first, Russia first, China first … Muss auch Europa jetzt enger und verantwortungsvoller zusammenarbeiten?

Ohne eine europäische Zusammenarbeit würden die großen Handelsmächte China und USA die Länder in Europa gegeneinander ausspielen. Umgekehrt haben die Europäer nur zusammen ein ausreichend großes Drohpotenzial für handelspolitische Gegenmaßnahmen. Die Europäer sollten sich ebenfalls stärker auf ihre eigenen Interessen konzentrieren. Europa wird gerade aus dem geopolitischen Reservat, in dem es jahrzehntelang unter US-amerikanischer Pflege gestanden hat, in die freie Wildbahn entlassen.

Europa debattiert aber noch den richtigen Weg. Derweil setzt Donald Trump schon seine Strategie um. Wie könnte sich das auf den internationalen Handel insbesondere europäischer und deutscher Exportunternehmen auswirken?

Die meisten Marktteilnehmer rechnen am Ende mit weniger Zöllen, als man anhand der Rhetorik aus dem Weißen Haus erwarten würde. Zurzeit sieht es zwar nach dem Gegenteil aus, aber es geht erst langsam los, dass die negativen Effekte die USA auch selber treffen. Zölle sind für Trump Instrumente, um mit allen Ländern über individuelle Themen zu verhandeln. Enden diese Gespräche positiv, verzichtet die US-Regierung auf eine Zollerhebung. Das alles führt etwa dazu, dass die USA immer weniger Leistungen im internationalen Rahmen übernehmen, sei es Verteidigung oder andere internationale Unterstützung. Das mag für viele Länder unbequem sein, ist aber nicht das Ende der Weltwirtschaft.

Zumal die USA keine einsam an der Spitze stehende Supermacht mehr sind. Welche Rolle können China oder Indien in der neuen multipolaren Weltordnung spielen?

Für die großen Wirtschaftsräume Asiens und die Weltwirtschaft generell bleiben die Prognosen der Wachstumsraten von 4,5 Prozent für China und sogar 4,8 Prozent für die Emerging Markets in Asien unverändert – das ist ja durchaus ein solider Nachfrage-Sog aus dieser bevölkerungsreichsten Region der Welt. China bleibt ein Wachstumsmarkt. Allerdings wird dieser Markt stets von enormen politischen Risiken begleitet sein. Nicht-chinesische Kapitalanlegerinnen und -anleger sollten hier Vorsicht walten lassen.

Vermutlich, weil die USA große Exportnationen wie China beim Handel mit den Vereinigten Staaten behindern. Trump ergreift ja schon protektionistische Maßnahmen, die globale Lieferketten stören und das Wirtschaftswachstum bremsen.

Solange kein offener, anhaltender Handelskrieg ausbricht, rechnen wir mit Einbußen beim weltweiten Wirtschaftswachstum von wenigen zehntel Prozentpunkten pro Jahr durch den unkooperativen Politikansatz aus den USA. Die Unternehmen beobachten sehr sorgfältig die Veränderung der internationalen Handelslandschaft und sind durchaus in der Lage, Beschränkungen zu umgehen. Etwa durch die Fertigung in anderen südostasiatischen Märkten oder gleich in den USA. Die Weltwirtschaft wird also weiterhin funktionieren, wenn auch mit Sand im Getriebe.

Für manche Sektoren oder Branchen bedeutet Trumps Politik aber extrem viel Sand im Getriebe. Da stockt womöglich bald der ganze Motor.

Vornehmlich geht es erst einmal um Industrieunternehmen, weniger um die Dienstleister. Im Fokus stehen klassische Industrien wie Stahl und Auto. Aber auch in diesen Sektoren sind nicht alle Unternehmen gleich betroffen. Die größten Risiken bestehen für einzelne Unternehmen mit hoher US-Ausrichtung, sei es in der Produktion oder im Absatz. Solche Unternehmen finden sich quer durch alle Branchen. In den USA wird es auch wesentlich sein, ob sich die US-Industrieunternehmen von den Zolldrohungen Donald Trumps verunsichern lassen. Zudem sind die Risiken gestiegen, dass den USA die Dinge aus den Händen gleiten und sich am Ende doch weltweit die Zollspirale dreht.

Eines scheint aber sicher: Trumps Maßnahmen der Deregulierung werden für den Klimawandel und nachhaltige Investitionen negative Folgen haben.

Die Firmen aus diesen Sektoren können sich zwar nicht mehr auf üppige Staatsprogramme verlassen. Allerdings gibt es aus der Privatwirtschaft inzwischen eine sehr hohe Nachfrage an nachhaltigen Produkten und Prozessen.

Zum Beispiel durch den Solar- und Windkraftboom in vielen republikanisch regierten Staaten wie etwa Texas?

So etwas hält das Wachstum in diesen Sektoren aufrecht.

Wie soll der kommende Kanzler Merz das Land positionieren, um die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands zu wahren und Wachstumsimpulse zu entfalten?

Die Bedingungen, um in Deutschland zu produzieren und wirtschaftlich aktiv zu sein, werden wieder stärker im Mittelpunkt der Regierungsarbeit stehen. Dazu gehört auch, sich wieder eindeutig zum Ziel des Wirtschaftswachstums zu bekennen. Denn ohne eine starke Wirtschaft sind soziale Ziele oder Klimaziele noch schwerer zu erreichen. Und das alles im Verbund mit der EU. Nur im internationalen Verbund sind wir den USA ebenbürtig und können unsere Interessen durchsetzen.

Immerhin: Die EU hat ja bereits rund 80 Freihandelsabkommen verhandelt oder geschlossen.

Die Europäische Kommission hat ökonomisch zwei wesentliche Aufgaben: die Vollendung des europäischen Binnenmarktes und den Abschluss von Freihandelsabkommen mit so vielen Ländern wie möglich. Es ist an der Zeit, weniger Regulierungs- und mehr Wachstumspolitik zu betreiben.

Wie sieht denn für Sie mittelfristig ein Best-Case-Szenario für Konjunktur und Kapitalmärkte aus?

Die deutsche Konjunktur steht unter Aufwertungsverdacht, der hängt aber von den Maßnahmen einer neuen Bundesregierung und dem Verlauf des Handelsstreits ab. Die USA signalisieren schon mit dem Hickhack um die Zölle gegen Mexiko und Kanada, dass sie an einem ausgewachsenen Handelskrieg nicht interessiert sind. Und die deutsche Wirtschaft wird nun in Fahrt kommen nach den Sondierungsbeschlüssen zu Infrastruktur und Verteidigung. Natürlich muss ein Maßnahmenpaket auch Substanz enthalten, also etwa wirksame Gesetze zum Bürokratieabbau, sofortige Senkung der Energiekosten oder steuerliche Anreize für Investitionen bei uns. Das beste Szenario lautet, dass Deutschland und Europa die alten Stärken wiederbeleben. Für alle europäischen Staaten gilt, dass sie eine sehr leistungsfähige Wirtschaft haben, wenn man den Unternehmen den nötigen Freiraum gibt.

Und es braucht wohl auch Rückenwind durch Investitionen. Union und SPD wollen ja deutlich mehr Schulden machen. Inwieweit sollten sich Anlegerinnen und Anleger auf eine expansivere Fiskalpolitik einstellen?

Die aktuelle Debatte zeigt, dass mehr Mittel notwendig sein werden, um künftige Herausforderungen zu bewältigen. Die andere Seite der Medaille ist, dass die Kapitalmärkte mehr in Anspruch genommen werden. Langfristig erzielen Staatsanleihen nun auch wieder höhere Renditen. Sachwerte wie Aktien oder Immobilien werden aber für Investierende noch interessanter als bislang.

Auch Unternehmen aus dem Bereich Sicherheit rücken da ja verstärkt in den Fokus. Europas NATO-Länder investieren jetzt verstärkt in Rüstung. Welche Auswirkungen hat das auf die europäische Wirtschaft und die Beschäftigung?

Höhere Verteidigungsausgaben kurbeln die Konjunktur an, wenn sie schuldenfinanziert sind. In den Dimensionen, in denen dies zurzeit angedacht ist, sind Wachstumsimpulse für die deutsche Wirtschaft im Bereich von einem halben Prozentpunkt zu erwarten. Denn die höheren Rüstungsbestellungen bedeuten mehr Produktion im Industriesektor. Industrieunternehmen werden daher expandieren. Und es geht um mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze in der europäischen Wirtschaft, die geschaffen oder erhalten werden, weil sie andernfalls durch die weltweite Umstrukturierung der Industriesektoren verloren gegangen wären.

Ein gewaltiger Kraftakt, nicht zuletzt finanziell.

Die betroffenen Firmen benötigen Finanzierungen. Aus Sicht derer, die Kapital bereitstellen, nämlich der Sparerinnen und Sparer, ergeben sich hier neue Investitionschancen – zusätzlich zu den schon heute von Megatrends wie Digitali­sierung, Nachhaltigkeit oder Medizintechnik begünstigten Bereichen.

Foto: Deka

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