Den digitalen Wandel als Asset Manager gestalten.
Den digitalen Wandel als Asset Manager gestalten.
Das Coronavirus hat die Wirtschaftslandschaft in Deutschland verändert: Durch Kontaktbeschränkungen und Social Distancing erfährt die hierzulande bisher eher zu zaghaft behandelte Digitalisierung einen erheblichen Schub. Davon profitieren vor allem Unternehmen, die schon länger eine klare Digitalisierungsstrategie haben und ihre Prozesse und Produkte umfassend auf die neue Welt ausrichten, so auch die Deka. Markt & Impuls hat mit Daniel Kapffer, Chief Operating Officer der Deka, über die Pläne und laufenden Digitalisierungsprojekte des Wertpapierhauses gesprochen.
Herr Kapffer, aufgrund der Beschränkungen von Corona haben viele Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Home-Office geschickt. Wie ist die Deka damit umgegangen?
Wir haben es in kürzester Zeit geschafft, rund 3.500 Kolleginnen und Kollegen – inklusive Handel und Fondsmanagement – ohne weitere Probleme aus dem Home-Office arbeiten zu lassen. In einigen Bereichen war bei uns schon lange das Thema Home-Office stark verbreitet, in anderen mussten dafür erst die Voraussetzungen geschaffen bzw. auch Details mit der Aufsicht geklärt werden. Dank des Einsatzes und der Lösungsorientierung aller Kolleginnen und Kollegen ist das hervorragend gelungen – und die Digitalisierung der Zusammenarbeit ist dabei auch einen großen Schritt vorangekommen.
Wir haben es in kürzester Zeit geschafft, rund 3.500 Kolleginnen und Kollegen – inklusive Handel und Fondsmanagement – ohne weitere Probleme aus dem Home-Office arbeiten zu lassen. In einigen Bereichen war bei uns schon lange das Thema Home-Office stark verbreitet, in anderen mussten dafür erst die Voraussetzungen geschaffen bzw. auch Details mit der Aufsicht geklärt werden. Dank des Einsatzes und der Lösungsorientierung aller Kolleginnen und Kollegen ist das hervorragend gelungen – und die Digitalisierung der Zusammenarbeit ist dabei auch einen großen Schritt vorangekommen.
Welche Auswirkungen haben solche Themen auf das Geschäftsmodell von Banken?
Wie bei fast allen Themen in der Digitalisierung ergeben sich deutliche Chancen, aber auch erhebliche Risiken, wenn man die Entwicklung verpasst. So ist es beispielweise denkbar, dass neue Assets handelbar gemacht werden oder Anteile einzelner vormals illiquider Vermögenswerte einer breiten Masse von Anlegern zugänglich gemacht werden. Erste Plattformen für den Kauf und Verkauf solcher Vermögenswerte sehen wir bereits.
Auch die Prozesskette nach dem Geschäftsabschluss (Post Trade) wird sich signifikant verändern, da der Transfer von Assets deutlich vereinfacht wird. Wertschöpfungsketten für bestehende Produkte können durch die Blockchain verschlankt und somit schneller und billiger werden. Daraus resultiert, dass neue Variationen und Kombinationen von bestehenden Produkten ermöglicht werden. Aber natürlich kann die Blockchain dazu führen, dass Intermediäre ihre Rolle im Prozess verlieren. Daher haben digitale Assets das Potenzial, die Finanzbranche grundlegend zu verändern.
Wie bei fast allen Themen in der Digitalisierung ergeben sich deutliche Chancen, aber auch erhebliche Risiken, wenn man die Entwicklung verpasst. So ist es beispielweise denkbar, dass neue Assets handelbar gemacht werden oder Anteile einzelner vormals illiquider Vermögenswerte einer breiten Masse von Anlegern zugänglich gemacht werden. Erste Plattformen für den Kauf und Verkauf solcher Vermögenswerte sehen wir bereits.
Auch die Prozesskette nach dem Geschäftsabschluss (Post Trade) wird sich signifikant verändern, da der Transfer von Assets deutlich vereinfacht wird. Wertschöpfungsketten für bestehende Produkte können durch die Blockchain verschlankt und somit schneller und billiger werden. Daraus resultiert, dass neue Variationen und Kombinationen von bestehenden Produkten ermöglicht werden. Aber natürlich kann die Blockchain dazu führen, dass Intermediäre ihre Rolle im Prozess verlieren. Daher haben digitale Assets das Potenzial, die Finanzbranche grundlegend zu verändern.
Als Wertpapierhaus versteht die Deka es als ihre Aufgabe, die Sparkassen, Sparkassenkunden und institutionellen Investoren in diesem Spannungsfeld bestmöglich zu unterstützen. Wie genau sieht diese Unterstützung aus?
Wir arbeiten entsprechend unserer kundenzentrischen Ausrichtung an drei Kernbereichen, in denen wir Sparkassen und institutionelle Kunden bei der digitalen Neugestaltung unterstützen: Kundenschnittstelle, Produkte und Prozesse. Auf der Ebene der Kundenschnittstelle beschäftigen wir uns mit allen Themen, die mit dem digitalen Zugang der Sparkassen und ihrer Kunden zum Wertpapiergeschäft zusammenhängen. In diesem Kontext ist beispielweise auch die S-Invest App umgesetzt worden, die es den Kunden der Sparkassen ermöglicht, ihre Depots übergreifend zu betrachten und damit ihre Bestände zu verwalten. Das gilt natürlich für Depot B-Depots der Sparkassen, die Depotangebote der Deka-Gruppe sowie beliebige Fremddepots.
Beim Thema Produkte geht es vor allem darum, bestehende Angebote durch den Einsatz von neuer Technologie zu verbessern: Dies kann unter anderem die Nutzung von Big Data sein, um Investmentsignale zu generieren oder aber eine Erweiterung unseres Angebotsuniversums um gänzlich neue Produkte, wie beispielsweise digitale Assets.
Die Digitalisierung von Prozessen und Infrastruktur schließlich zielt vor allem darauf ab, die bestehenden Bank- und Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten, beispielsweise mit Künstlicher Intelligenz oder Softwarerobotern. Damit dies erreicht werden kann, werden gleichzeitig immer noch papierhaft erteilte Aufträge oder Kundeninformationen digitalisiert.
Die Deka hat mit bevestor auch einen Robo Advisor am Start. Gibt es schon weitere Projekte, die im Rahmen dieser digitalen Neuausrichtung entstanden sind?
Ein weiteres zukunftsweisendes Projekt, das im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie entwickelt und marktfähig gemacht wurde, ist die auf der Blockchain basierende Plattform finledger. Finledger ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Banken, an dem die Deka maßgeblich beteiligt ist und über das Schuldscheindarlehen vollständig digital abgewickelt werden können. Dabei besteht ein erhebliches Potenzial zur Vereinfachung und Beschleunigung der anfallenden Prozesse, denn auch im Jahr 2020 dominieren bei der Abwicklung in Deutschland noch zeitaufwändige manuelle Tätigkeiten und papiergebundene Dokumentation. Über die finledger-Plattform gelingt es, den Abwicklungsprozess deutlich zu verschlanken und zu beschleunigen. Daten werden über die Schnittstellen automatisch geladen, die Geschäftsbestätigung sowie die Urkundenerstellung erfolgen mit Hilfe der elektronischen Signatur in digitaler Form. Auch der Austausch von Dokumenten findet elektronisch statt. Die einzelnen Schritte sind so in wenigen Sekunden möglich und benötigen nicht wie zuvor Stunden, Tage oder gar Wochen.
Insgesamt können durch die parteienübergreifende Transparenz Durchlaufzeit und Aufwand in der Abwicklung von Schuldscheindarlehen um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Im Mai 2019 wurden erstmals zwei Emissionen erfolgreich abgewickelt. Und bereits im November 2019 konnten wir eine vollständig digitale Schuldscheintransaktion zusammen mit der NRW.BANK, einem ursprünglich projektunabhängigen Partner, durchführen – ohne parallele Papierurkunde. Die Dauer des Prozesses wurde dadurch halbiert.
Die für Digitalisierungsprozesse benötige Expertise von Finanzthemen mit dem Fachwissen über digitale Technologien zusammen zu bringen ist entscheidend, aber auch nicht einfach. Wie funktioniert das in der Deka?
Wir sind in der Deka hier mehrgleisig gefahren. So haben wir für uns als Bank definiert, welche Schlüsseltechnologien aktuell und in naher Zukunft für unser Geschäft von Bedeutung sind und hier gezielt Know-how aufgebaut, zum Beispiel beim Einsatz von den verschiedenen Blockchain-Technologien, aber auch zu Cloud-Technologien. Um die Fachbereiche und diese Expertise zusammen zu bringen, haben wir bei der Deka die Open Digital Factory etabliert, in der interdisziplinäre, agile Teams aus IT und Fachabteilungen digitale Technologien und Lösungen entwickeln. Dabei sind agile Arbeitsweisen ebenso wichtig wie neue digitale Produkte, da wir bei der Deka davon überzeugt sind, dass die digitale Transformation nur dann funktionieren kann, wenn sie mit einem grundsätzlichen Wandel der Arbeitsweisen sowie der Zusammenarbeit einhergeht.
Können Sie uns sagen, an welchen Technologien Sie aktuell arbeiten? Welche Technologie wird Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren besonders an Bedeutung gewinnen?
Wir haben für die Deka-Gruppe aktuell acht Fokustechnologien definiert, in denen wir Know-how aufgebaut haben und die wir für produktive Use Cases „anwendbar“ gemacht haben. Es ist schwer, unter diesen acht nochmal eine hervorzuheben. Ich denke aber, dass im Bankenbereich insbesondere Blockchain-basierte Aktivitäten weiter zunehmen werden. Mögliche Anwendungsbereiche für diese Technologie liegen unter anderem im Zahlungsverkehr, aber auch im Wertpapierhandel und in der Verwahrung von Wertpapieren. Infolgedessen wird sich die gesamte Finanzbranche und damit auch die Sparkassen verstärkt mit digitalen Assets beschäftigen müssen, die in der Regel über die Blockchain-Technologie dargestellt werden. Daher wird häufig auch von Krypto-Assets gesprochen. Dazu zählen sowohl tokenisierte als auch digitale Wertpapiere.
Tokenisierung bedeutet: Von einem realen Wert oder Wertpapier wird ein digitales Abbild erzeugt. Dieses Abbild nennt man einen Token. Üblicherweise wird bei der Tokenisierung der ursprüngliche Wert in winzige Anteile gestückelt, die alle durch einen Token verbrieft werden. Die so dargestellten Werte können sowohl materiell – zum Beispiel Kunst oder Immobilien – als auch immateriell sein – man denke an Lizenzen oder Rechte.
Welche Auswirkungen haben solche Themen auf das Geschäftsmodell von Banken?
Wie bei fast allen Themen in der Digitalisierung ergeben sich deutliche Chancen, aber auch erhebliche Risiken, wenn man die Entwicklung verpasst. So ist es beispielweise denkbar, dass neue Assets handelbar gemacht werden oder Anteile einzelner vormals illiquider Vermögenswerte einer breiten Masse von Anlegern zugänglich gemacht werden. Erste Plattformen für den Kauf und Verkauf solcher Vermögenswerte sehen wir bereits.
Auch die Prozesskette nach dem Geschäftsabschluss (Post Trade) wird sich signifikant verändern, da der Transfer von Assets deutlich vereinfacht wird. Wertschöpfungsketten für bestehende Produkte können durch die Blockchain verschlankt und somit schneller und billiger werden. Daraus resultiert, dass neue Variationen und Kombinationen von bestehenden Produkten ermöglicht werden. Aber natürlich kann die Blockchain dazu führen, dass Intermediäre ihre Rolle im Prozess verlieren. Daher haben digitale Assets das Potenzial, die Finanzbranche grundlegend zu verändern.
Warum ist gerade die Blockchain bzw. Distributed-Ledger-Technologie so bedeutend?
Bei der Blockchain oder der Distributed-Ledger-Technologie werden alle Informationen an verschiedenen Orten gespeichert und können durch sämtliche Nutzer eingesehen werden. Dadurch wird ein ausgesprochen fälschungssicheres Register geschaffen, auf dem sich die Transaktionshistorie jedes Wertes jederzeit nachvollziehen lässt. Durch ein dezentrales Schuldenregister ist zudem keine Umlagerung des Assets notwendig, so dass jede Transaktion in Echtzeit abgebildet werden kann. Die Verwahrung und die Zuordnung der Eigentumsrechte beispielsweise von Wertpapieren übernimmt das Blockchain-Netzwerk. Damit ist zu erwarten, dass Vermögenswerte perspektivisch gänzlich digitalisiert werden, sich quasi selbst abwickeln.
Welche Daseinsberechtigung haben Intermediäre wie die Deka dann in der Zukunft noch? Wie muss sich das Geschäftsmodell etablierter Wertpapierdienstleister weiterentwickeln, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen?
Eine Möglichkeit, um diesem Strukturwandel zu begegnen, besteht mit Sicherheit darin, Teile der neuen digitalen Infrastruktur bereitzustellen. Beispielsweise müssen sowohl Tokens als auch digitale Schuldscheinverschreibungen sicher verwahrt werden. Die aktuell im Rahmen von Kryptoassets genutzten Wallets weisen beispielsweise verschiedene Nachteile auf. So ist es des Öfteren vorgekommen, dass Anleger ihr physisches Speichermedium, auf dem ihr Wallet mit Bitcoins gespeichert war, verloren haben und ihnen so ihre Werte abhandengekommen sind. Unter anderem an dieser Stelle könnten sich Banken und Wertpapierdienstleister als verlässlicher Partner für die Verwahrung von Assets positionieren.
Und gerade bei der Verwahrstelle gibt es weitere Anwendungsfälle. Hier gibt es künftig die Anforderung, sowohl „reguläre“ als auch „digitale“ Assets zu verwahren und diese auch mit anderen Verwahrstellen abzuwickeln. Für diese Abwicklung hat die Deka das „Digital Collateral Protocol“ (DCP) entwickelt und möchte dies gemeinsam mit anderen Verwahrstellen verproben und weiter entwickeln. Durch die Verwendung der Blockchain wird eine Plattform geschaffen, auf der die ursprüngliche Verwahrstelle alle buchmäßig erfassten Positionen erfassen kann, sodass Abrechnungen zwischen Hauptverwahrstellen ohne die gesamte Unterverwahrungsebene durchgeführt werden können. Dadurch lassen sich die Effizienz des Abwicklungsprozesses signifikant steigern und die Kosten erheblich reduzieren.
Je mehr also digitale Assets an Bedeutung gewinnen, desto größer wird weiterhin der Bedarf für ein Ökosystem, das auf die Bedürfnisse und Besonderheiten digitaler Welten spezialisiert ist. Daher ist es für uns auch wichtig, dass wir sowohl die technischen als auch die anderen Rahmenbedingungen kennen und verstehen. Bis es so weit ist, kann es jedoch noch dauern, denn noch sind lange nicht alle rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt. Für eine breitere Akzeptanz von vollständig digitalisiertem Zahlungsverkehr oder digitalen Assets muss erst Rechtssicherheit durch eine internationale Standardisierung und Klassifizierung bestehen.
Wie weit ist Deutschland denn Ihrer Meinung nach dabei, einen geeigneten Rechtsrahmen für digitale Assets zu schaffen? Wo gibt es noch Aufholbedarf, und wo ist die Regulierung bereits sehr fortgeschritten?
Es war ein wichtiger und notwendiger Schritt, dass die Bundesregierung im Jahr 2019 eine Blockchain-Strategie formuliert hat, in der der Finanzdienstleistungssektor explizit berücksichtigt wird. Zu Beginn dieses Jahres wurde zudem das Kryptoverwahrgeschäft als neue Finanzdienstleistung in das Kreditwesengesetz aufgenommen. Dies sind definitiv Schritte in die richtige Richtung. Andere Länder sind jedoch bereits weitergegangen. So hat Liechtenstein im vergangen Jahr das nach eigenen Angaben erste Blockchain-Gesetz (Token and TT Service Provider Act) der Welt verabschiedet. Für das Gesetz hat Liechtenstein sogar sein Zivilrecht angepasst, um die bei digitalen Assets vorhandene spezielle Verbindung zwischen digitaler und physischer Welt rechtlich besser abbilden zu können. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch Nachholbedarf. Zwar gibt es mittlerweile einzelne Regelungen, aber ein umfassendes, einheitliches Gesetzeswerk für digitale Assets steht noch aus. Da ein geeigneter Rechtsrahmen ganz klar ein Wettbewerbs- und Standortfaktor ist, sollte die Regierung hier bald handeln, um zu verhindern, dass die digitale Welt von Morgen in anderen Ländern gestaltet wird.
Wir arbeiten entsprechend unserer kundenzentrischen Ausrichtung an drei Kernbereichen, in denen wir Sparkassen und institutionelle Kunden bei der digitalen Neugestaltung unterstützen: Kundenschnittstelle, Produkte und Prozesse. Auf der Ebene der Kundenschnittstelle beschäftigen wir uns mit allen Themen, die mit dem digitalen Zugang der Sparkassen und ihrer Kunden zum Wertpapiergeschäft zusammenhängen. In diesem Kontext ist beispielweise auch die S-Invest App umgesetzt worden, die es den Kunden der Sparkassen ermöglicht, ihre Depots übergreifend zu betrachten und damit ihre Bestände zu verwalten. Das gilt natürlich für Depot B-Depots der Sparkassen, die Depotangebote der Deka-Gruppe sowie beliebige Fremddepots.
Beim Thema Produkte geht es vor allem darum, bestehende Angebote durch den Einsatz von neuer Technologie zu verbessern: Dies kann unter anderem die Nutzung von Big Data sein, um Investmentsignale zu generieren oder aber eine Erweiterung unseres Angebotsuniversums um gänzlich neue Produkte, wie beispielsweise digitale Assets.
Die Digitalisierung von Prozessen und Infrastruktur schließlich zielt vor allem darauf ab, die bestehenden Bank- und Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten, beispielsweise mit Künstlicher Intelligenz oder Softwarerobotern. Damit dies erreicht werden kann, werden gleichzeitig immer noch papierhaft erteilte Aufträge oder Kundeninformationen digitalisiert.
Die Deka hat mit bevestor auch einen Robo Advisor am Start. Gibt es schon weitere Projekte, die im Rahmen dieser digitalen Neuausrichtung entstanden sind?
Ein weiteres zukunftsweisendes Projekt, das im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie entwickelt und marktfähig gemacht wurde, ist die auf der Blockchain basierende Plattform finledger. Finledger ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Banken, an dem die Deka maßgeblich beteiligt ist und über das Schuldscheindarlehen vollständig digital abgewickelt werden können. Dabei besteht ein erhebliches Potenzial zur Vereinfachung und Beschleunigung der anfallenden Prozesse, denn auch im Jahr 2020 dominieren bei der Abwicklung in Deutschland noch zeitaufwändige manuelle Tätigkeiten und papiergebundene Dokumentation. Über die finledger-Plattform gelingt es, den Abwicklungsprozess deutlich zu verschlanken und zu beschleunigen. Daten werden über die Schnittstellen automatisch geladen, die Geschäftsbestätigung sowie die Urkundenerstellung erfolgen mit Hilfe der elektronischen Signatur in digitaler Form. Auch der Austausch von Dokumenten findet elektronisch statt. Die einzelnen Schritte sind so in wenigen Sekunden möglich und benötigen nicht wie zuvor Stunden, Tage oder gar Wochen.
Insgesamt können durch die parteienübergreifende Transparenz Durchlaufzeit und Aufwand in der Abwicklung von Schuldscheindarlehen um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Im Mai 2019 wurden erstmals zwei Emissionen erfolgreich abgewickelt. Und bereits im November 2019 konnten wir eine vollständig digitale Schuldscheintransaktion zusammen mit der NRW.BANK, einem ursprünglich projektunabhängigen Partner, durchführen – ohne parallele Papierurkunde. Die Dauer des Prozesses wurde dadurch halbiert.
Die für Digitalisierungsprozesse benötige Expertise von Finanzthemen mit dem Fachwissen über digitale Technologien zusammen zu bringen ist entscheidend, aber auch nicht einfach. Wie funktioniert das in der Deka?
Wir sind in der Deka hier mehrgleisig gefahren. So haben wir für uns als Bank definiert, welche Schlüsseltechnologien aktuell und in naher Zukunft für unser Geschäft von Bedeutung sind und hier gezielt Know-how aufgebaut, zum Beispiel beim Einsatz von den verschiedenen Blockchain-Technologien, aber auch zu Cloud-Technologien. Um die Fachbereiche und diese Expertise zusammen zu bringen, haben wir bei der Deka die Open Digital Factory etabliert, in der interdisziplinäre, agile Teams aus IT und Fachabteilungen digitale Technologien und Lösungen entwickeln. Dabei sind agile Arbeitsweisen ebenso wichtig wie neue digitale Produkte, da wir bei der Deka davon überzeugt sind, dass die digitale Transformation nur dann funktionieren kann, wenn sie mit einem grundsätzlichen Wandel der Arbeitsweisen sowie der Zusammenarbeit einhergeht.
Können Sie uns sagen, an welchen Technologien Sie aktuell arbeiten? Welche Technologie wird Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren besonders an Bedeutung gewinnen?
Wir haben für die Deka-Gruppe aktuell acht Fokustechnologien definiert, in denen wir Know-how aufgebaut haben und die wir für produktive Use Cases „anwendbar“ gemacht haben. Es ist schwer, unter diesen acht nochmal eine hervorzuheben. Ich denke aber, dass im Bankenbereich insbesondere Blockchain-basierte Aktivitäten weiter zunehmen werden. Mögliche Anwendungsbereiche für diese Technologie liegen unter anderem im Zahlungsverkehr, aber auch im Wertpapierhandel und in der Verwahrung von Wertpapieren. Infolgedessen wird sich die gesamte Finanzbranche und damit auch die Sparkassen verstärkt mit digitalen Assets beschäftigen müssen, die in der Regel über die Blockchain-Technologie dargestellt werden. Daher wird häufig auch von Krypto-Assets gesprochen. Dazu zählen sowohl tokenisierte als auch digitale Wertpapiere.
Tokenisierung bedeutet: Von einem realen Wert oder Wertpapier wird ein digitales Abbild erzeugt. Dieses Abbild nennt man einen Token. Üblicherweise wird bei der Tokenisierung der ursprüngliche Wert in winzige Anteile gestückelt, die alle durch einen Token verbrieft werden. Die so dargestellten Werte können sowohl materiell – zum Beispiel Kunst oder Immobilien – als auch immateriell sein – man denke an Lizenzen oder Rechte.
Welche Auswirkungen haben solche Themen auf das Geschäftsmodell von Banken?
Wie bei fast allen Themen in der Digitalisierung ergeben sich deutliche Chancen, aber auch erhebliche Risiken, wenn man die Entwicklung verpasst. So ist es beispielweise denkbar, dass neue Assets handelbar gemacht werden oder Anteile einzelner vormals illiquider Vermögenswerte einer breiten Masse von Anlegern zugänglich gemacht werden. Erste Plattformen für den Kauf und Verkauf solcher Vermögenswerte sehen wir bereits.
Auch die Prozesskette nach dem Geschäftsabschluss (Post Trade) wird sich signifikant verändern, da der Transfer von Assets deutlich vereinfacht wird. Wertschöpfungsketten für bestehende Produkte können durch die Blockchain verschlankt und somit schneller und billiger werden. Daraus resultiert, dass neue Variationen und Kombinationen von bestehenden Produkten ermöglicht werden. Aber natürlich kann die Blockchain dazu führen, dass Intermediäre ihre Rolle im Prozess verlieren. Daher haben digitale Assets das Potenzial, die Finanzbranche grundlegend zu verändern.
Warum ist gerade die Blockchain bzw. Distributed-Ledger-Technologie so bedeutend?
Bei der Blockchain oder der Distributed-Ledger-Technologie werden alle Informationen an verschiedenen Orten gespeichert und können durch sämtliche Nutzer eingesehen werden. Dadurch wird ein ausgesprochen fälschungssicheres Register geschaffen, auf dem sich die Transaktionshistorie jedes Wertes jederzeit nachvollziehen lässt. Durch ein dezentrales Schuldenregister ist zudem keine Umlagerung des Assets notwendig, so dass jede Transaktion in Echtzeit abgebildet werden kann. Die Verwahrung und die Zuordnung der Eigentumsrechte beispielsweise von Wertpapieren übernimmt das Blockchain-Netzwerk. Damit ist zu erwarten, dass Vermögenswerte perspektivisch gänzlich digitalisiert werden, sich quasi selbst abwickeln.
Welche Daseinsberechtigung haben Intermediäre wie die Deka dann in der Zukunft noch? Wie muss sich das Geschäftsmodell etablierter Wertpapierdienstleister weiterentwickeln, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen?
Eine Möglichkeit, um diesem Strukturwandel zu begegnen, besteht mit Sicherheit darin, Teile der neuen digitalen Infrastruktur bereitzustellen. Beispielsweise müssen sowohl Tokens als auch digitale Schuldscheinverschreibungen sicher verwahrt werden. Die aktuell im Rahmen von Kryptoassets genutzten Wallets weisen beispielsweise verschiedene Nachteile auf. So ist es des Öfteren vorgekommen, dass Anleger ihr physisches Speichermedium, auf dem ihr Wallet mit Bitcoins gespeichert war, verloren haben und ihnen so ihre Werte abhandengekommen sind. Unter anderem an dieser Stelle könnten sich Banken und Wertpapierdienstleister als verlässlicher Partner für die Verwahrung von Assets positionieren.
Und gerade bei der Verwahrstelle gibt es weitere Anwendungsfälle. Hier gibt es künftig die Anforderung, sowohl „reguläre“ als auch „digitale“ Assets zu verwahren und diese auch mit anderen Verwahrstellen abzuwickeln. Für diese Abwicklung hat die Deka das „Digital Collateral Protocol“ (DCP) entwickelt und möchte dies gemeinsam mit anderen Verwahrstellen verproben und weiter entwickeln. Durch die Verwendung der Blockchain wird eine Plattform geschaffen, auf der die ursprüngliche Verwahrstelle alle buchmäßig erfassten Positionen erfassen kann, sodass Abrechnungen zwischen Hauptverwahrstellen ohne die gesamte Unterverwahrungsebene durchgeführt werden können. Dadurch lassen sich die Effizienz des Abwicklungsprozesses signifikant steigern und die Kosten erheblich reduzieren.
Je mehr also digitale Assets an Bedeutung gewinnen, desto größer wird weiterhin der Bedarf für ein Ökosystem, das auf die Bedürfnisse und Besonderheiten digitaler Welten spezialisiert ist. Daher ist es für uns auch wichtig, dass wir sowohl die technischen als auch die anderen Rahmenbedingungen kennen und verstehen. Bis es so weit ist, kann es jedoch noch dauern, denn noch sind lange nicht alle rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt. Für eine breitere Akzeptanz von vollständig digitalisiertem Zahlungsverkehr oder digitalen Assets muss erst Rechtssicherheit durch eine internationale Standardisierung und Klassifizierung bestehen.
Wie weit ist Deutschland denn Ihrer Meinung nach dabei, einen geeigneten Rechtsrahmen für digitale Assets zu schaffen? Wo gibt es noch Aufholbedarf, und wo ist die Regulierung bereits sehr fortgeschritten?
Es war ein wichtiger und notwendiger Schritt, dass die Bundesregierung im Jahr 2019 eine Blockchain-Strategie formuliert hat, in der der Finanzdienstleistungssektor explizit berücksichtigt wird. Zu Beginn dieses Jahres wurde zudem das Kryptoverwahrgeschäft als neue Finanzdienstleistung in das Kreditwesengesetz aufgenommen. Dies sind definitiv Schritte in die richtige Richtung. Andere Länder sind jedoch bereits weitergegangen. So hat Liechtenstein im vergangen Jahr das nach eigenen Angaben erste Blockchain-Gesetz (Token and TT Service Provider Act) der Welt verabschiedet. Für das Gesetz hat Liechtenstein sogar sein Zivilrecht angepasst, um die bei digitalen Assets vorhandene spezielle Verbindung zwischen digitaler und physischer Welt rechtlich besser abbilden zu können. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch Nachholbedarf. Zwar gibt es mittlerweile einzelne Regelungen, aber ein umfassendes, einheitliches Gesetzeswerk für digitale Assets steht noch aus. Da ein geeigneter Rechtsrahmen ganz klar ein Wettbewerbs- und Standortfaktor ist, sollte die Regierung hier bald handeln, um zu verhindern, dass die digitale Welt von Morgen in anderen Ländern gestaltet wird.