Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit: Doppelt profitieren

Wie passen die beiden Megatrends Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit eigentlich zusammen? Dr. Alex Kusen, promovierter Wissenschaftler und Senior-Stratege im ESG-Team der Deka Investment, hat ein Whitepaper zu diesem Thema veröffentlicht.

Ein grünes Blatt liegt auf einem Computer-Chip
Herr Kusen, Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Produktivität der Wirtschaft zu steigern und Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen …

Kusen: … und sie entwickelt sich auch immer mehr zu einer Schlüsseltechnologie, wenn es darum geht, ehrgeizige Klima- und Emissionsziele zu erreichen. Aber das Verhältnis von KI und Nachhaltigkeit ist komplex und ambivalent, wie ich in meiner neuen Studie zeige.

Das heißt?

Kusen: Zum Beispiel, dass KI mitverantwortlich für den immer weiter steigenden Strombedarf ist. Der weltweite Strombedarf von Rechenzentren dürfte bis 2030 um etwa 160 Prozent steigen und damit bereits 2026 den gesamten Stromverbrauch Japans ausmachen. Außerdem verlangsamt sich das Tempo der Effizienzsteigerung beim Stromverbrauch, so dass sich die CO2-Emissionen zwischen 2022 und 2030 mehr als verdoppeln könnten. Schon jetzt verursachen Rechenzentren rund 3,7 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen und übertreffen damit sogar die Luftfahrtindustrie.
Auch bei den Themen Elektroschrott und Biodiversität sind – etwa durch den Landverbrauch von Rechenzentren und den steigenden Wasserbedarf beim Recycling – erstmal eher negative Auswirkungen zu befürchten. Auf der anderen Seite gibt es doch auch signifikante positive Beiträge in Sachen Nachhaltigkeit?

Kusen: Richtig. Die zunehmende Verfügbarkeit von Echtzeit-Daten und -Analysen kann zum Beispiel massiv dazu beitragen, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Allein dadurch könnten zwei Gigatonnen pro Jahr eingespart werden – das entspricht den geschätzten jährlichen Gesamtemissionen von 476 Millionen benzinbetriebenen Autos. Oder schauen wir auf die Nahrungsmittelproduktion: KI-gesteuerte Systeme analysieren Wetterdaten, Bodenfeuchtigkeit und Pflanzenwachstum, um präzise Vorhersagen zur Bewässerung und Düngung zu erstellen. So kann etwa der Wasserverbrauch um bis zu 30 und der Düngemitteleinsatz um rund 20 Prozent gesenkt werden. Legt man nun positive und negative Auswirken nebeneinander, dann ist letztlich von einem deutlich netto-positiven Einfluss auch für die Umwelt auszugehen. Als Anlegerin und Anleger natürlich umso stärker, je mehr ich auch auf dem Gebiet der KI in Unternehmen investiere, die Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen.
Portrait von Dr. Alex Kusen, Senior-Stratege im Team der Deka Investment

Dr. Alex Kusen

Senior-Stratege im ESG-Team der Deka Investment

Geht das denn dann nicht zu Lasten meiner Wertentwicklung?

Kusen: Nein, das kann man so nicht sagen. Im Gegenteil: Einiges weist darauf hin, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Technologiesektor im Zeitverlauf zu einer besseren Wertentwicklung führen kann. Anlagestrategien bzw. -lösungen im Bereich Künstliche Intelligenz bieten eine Möglichkeit, in zukunftsorientierte Technologieunternehmen zu investieren und gleichzeitig nachhaltige Prinzipien zu verfolgen. Vor allem in den letzten Jahren konnten nachhaltige Technologiewerte im Jahresvergleich deutlich zulegen und sogar eine bessere Performance als weniger nachhaltige Werte erzielen.